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Zwiegespräche - das wichtigste Ritual in Beziehungen

Hallo und herzlich willkommen zu Beziehungs-Mindset, deiner Podcast-Inspiration für gute Beziehungen, Kommunikation, persönliche Entwicklung und wie noch mehr Lebensglück aus deinen Beziehungen ziehst. Mein Name ist Dr. Daniel Köpke und in dieser Folge soll es um ein Gesprächsritual gehen, das ich vor ein paar Jahren kennengelernt habe und das die Qualität meiner Beziehungen gesteigert hat wie kaum etwas anderes – und das ich deswegen jedem empfehlen würde, in Beziehungen zu etablieren, die eine gewisse emotionale Tiefe besitzen. Die Rede ist von den so genannten Zwiegesprächen. Was es damit auf sich hat, und warum ich diese Technik so dramatisch wertvoll für jede Beziehung halte – das erkläre ich dir gleich in der Folge. Viel Spaß.

 

Beispiel-Geschichte


Stell dir vor, es ist ein Dienstagabend. Ein ganz normaler Tag. Anna und Paul sitzen nebeneinander auf dem Sofa. Der Tag war hektisch, die Arbeit zermürbend, und irgendwie haben sich beide den ganzen Tag über nur Nachrichten geschickt wie: „Bin später zu Hause.“ – „Vergiss nicht Milch mitzubringen.“


Und jetzt sitzen sie da. Die Stille zwischen ihnen ist nicht unangenehm, aber sie ist… leer.

„Irgendwie reden wir kaum noch“, sagt Paul schließlich. „Aber wenn wir anfangen, dann reden wir nur über Termine oder wer dran ist mit Abwasch.“


Anna zögert erst. Doch dann sagt sie: „Weißt du noch, damals im Urlaub, als wir stundenlang geredet haben… über alles? Ich vermiss das.“


Da holt Anna einen kleinen Zettel aus ihrer Tasche. Darauf hat sie etwas notiert, das ihr eine Freundin empfohlen hat: Zwiegespräche nach Michael Lukas Möller.


Paul liest es und runzelt die Stirn. „Zwiegespräch? Was soll das sein – so was wie ein Streitgespräch?“


Anna lacht. „Nein… es ist ein Ritual. Eine Art fester Rahmen, in dem wir reden. Aber anders als sonst. Ohne dass wir uns unterbrechen, ohne dass wir sofort antworten müssen. Jeder bekommt einfach seine Zeit, zu erzählen, was gerade in ihm vorgeht. Und der andere hört zu.“


Paul sieht skeptisch aus, aber irgendetwas in ihm ist neugierig. Und so sitzen die beiden noch an diesem Abend mit einer Stoppuhr am Küchentisch, jeder zehn Minuten Redezeit, ohne Kommentar, ohne Unterbrechung, ohne Diskussion.


Nach zwanzig Minuten sehen sie sich an – und beide lächeln. Zum ersten Mal seit Wochen haben sie wieder das Gefühl, einander richtig nahe zu sein.


Was sind Zwiegespräche?


Die Idee der Zwiegespräche habe ich schon oft und in vielen verschiedenen Kontexten gehört. In spirituellen Kreisen spricht man oft eher von einem Sharing oder vom offenem Mitteilen. Ich habe sie aber auch schon als Herz-Zu-Herz-Gespräche, Empathisches Zuhören oder Authentic Relating kennengelernt. Auch die gewaltfreie Kommunikation oder die Radikale Ehrlichkeit bedienen sich ähnlicher Gesprächsregeln wie die Zwiegespräche, teilweise sind das hier aber eher unausgesprochene Gesprächsregeln.


Die Regeln von Zwiegesprächen sind schnell erklärt und leicht umgesetzt. Und doch kenne ich nur sehr wenige Paare, die diesen Gesprächsmodus in ihrer Beziehung wirklich ritualisiert haben. Deswegen will ich in dieser Folge nicht nur erklären, wie Zwiegespräche funktionieren, sondern vielmehr auch die Hintergründe beleuchten, warum sie für so unglaublich stärkend und hilfreich für die Beziehung finde.


Zwiegespräche funktionieren so: Beide Partner bekommen eine vordefinierte Redezeit, in der sie vom anderen nicht unterbrochen werden dürfen. Das können am Anfang vielleicht nur 3 oder 5 Minuten sein, später vielleicht auch 10, 20 oder 30 Minuten. In seiner Redezeit bekommt jeder die Gelegenheit zu reden, worüber auch immer ihm beliebt – was auch immer gerade Teil seiner Gedanken und seines Erlebens ist.


Der andere Partner ist in dieser Zeit still. Seine Aufgabe ist es, lediglich aufmerksam zuzuhören, vielleicht eine wohlwollende, freundliche Haltung auszustrahlen, vor allem aber Bestätigung zu geben.


Nach Ablauf der Zeit wird gewechselt und der andere Partner bekommt dieselbe Redezeit und denselben Raum über seine Gefühle, Gedanken und sein Erleben zu sprechen. Am Ende gibt es noch eine Phase, in der man sich gemeinsam über die geteilten Gedanken und Gefühle austauschen kann. Wobei ich den letzten Teil des Gespräches zur Not auch optional halten würde.


Der Rede-Teil von Zwiegesprächen


Sprich Unzufriedenheiten aus


Aber lass uns mal annehmen, du beginnst mit dem Zwiegespräch. Worüber du sprichst in deiner Redezeit, ist vollkommen dir überlassen. In dieser Zeit hättest du zum Beispiel Gelegenheit, Unzufriedenheiten in der Beziehung anzusprechen. Vielleicht gibt es etwas, das dein Partner oder deine Partnerin getan hat, das dich geärgert hat.


Vielleicht fühlst du dich überfordert, fühlst dich manchmal nicht gehört, gesehen oder verstanden. Vielleicht wünscht du dir in einer bestimmten Situation auch mehr Unterstützung, Entlastung oder Hilfe. Vielleicht fühlst du dich verurteilt oder abgewertet, oder es gibt unerfüllte Sehnsüchte oder Bedürfnisse, die du äußern möchtest.


Dankbarkeit


Worüber du sprichst, muss jedoch nicht unbedingt negativ sein. Vielleicht möchtest du deine Redezeit dafür nutzen, deine Dankbarkeit auszudrücken. Dankbarkeit für etwas, worin dein Partner dich unterstützt hat, was er für dich getan hat. Für etwas das dein Partner einmal gesagt hat und was dich sehr berührt hat. Oder einfach Dankbarkeit dafür, dass ihr euch kennt und welche Rolle und welche Funktionen dein Partner in deinem Leben spielt.


Worüber du sprichst in deiner Redezeit, muss aber nicht mal unmittelbar etwas mit der Beziehung zu tun haben. Vielleicht gibt es gerade eine Situation in deiner Arbeit, die für dich sehr stressig ist und die dich sehr belastet. Vielleicht gibt es gerade einen Konflikt oder eine Spannung in deiner Familie, in deinem Freundeskreis oder in der Nachbarschaft, die dich sehr mitnimmt.


Vielleicht bewegt es dich auch gerade einfach sehr, dass dein Fußballverein gewonnen oder verloren hat oder eine aktuelle politische Entwicklung, von der du in den Nachrichten gehört hast, bereitet dir Sorgen... Was auch immer Teil deiner Gedanken ist – was auch immer du gerade auch mitteilen willst – alles ist OK, alles ist genau richtig. Geh davon aus, dass alles, was dich emotional betrifft, für deinen Partner oder deine Partnerin relevant ist.


Sprich über die Gegenwart


Vielleicht fällt es dir auch schwer, deine Gefühle und dein Erleben in die richtigen Worte zu fassen. Vielleicht hast du Angst, verurteilt zu werden oder schämst dich, bestimmte Gedanken und Gefühle auszusprechen. Dann sprich über die Angst. Sprich über die Scham. Sprich darüber, was es dir gerade schwer macht, dich zu öffnen.


Sprich darüber, was JETZT GERADE in die vor sich geht, und was diese Gesprächssituation, in der du dich gerade befindest, mit dir macht. Vielleicht macht es dich nervös, dass dich jemand so intensiv ansieht. Vielleicht findest du dieses Zwiegesprächs-Ding auch total albern. Vielleicht wünscht du dir eine Reaktion von deinem Partner auf etwas das du gesagt hast. Oder vielleicht hast du gerade einfach einen diffusen Nebel im Kopf, der dich verwirrt, und der es dir schwer macht, dein Erleben in Worte zu fassen. Dann sprich einfach das aus.


... Oder sprich nicht


Im Grunde genommen musst du in deiner Redezeit aber auch überhaupt nicht sprechen. Wenn du nicht reden kannst oder willst, kannst du auch einfach schweigen. 3 Minuten, 5 Minuten oder 10 – wie lange auch immer ihr vereinbart habt – das kann echt eine lange Zeit sein. Und es kommt nicht selten vor, dass du irgendwann an einen Punkt kommst, an dem du das Gefühl hast, du hättest alles gesagt.


Häufig kommt dann der Impuls, die Übung abzubrechen und wieder in ein „normales“ Gespräch über zu gehen. Aber wenn ihr die vereinbarte Zeit durchhaltet, kommt es sehr häufig vor, dass dir DOCH noch etwas Wichtiges einfällt. Etwas, das du dann gern doch noch teilen möchtest. Etwas, das für deinen Partner oder eure Beziehung relevant ist. Direkt oder indirekt.

 

Der Zuhör-Teil von Zwiegesprächen


Als derjenige der hingegen zuhört, hast du im Grunde genommen nur eine einzige Aufgabe: Nämlich das Gesagte aufzunehmen, zu verarbeiten, zu verstehen und zu bestätigen. Und vor allem der letzte Punkt – das Bestätigen – ist mir unglaublich wichtig. Denn in der Redezeit des anderen geht es um ihn. Um seine Gefühle, seine Erfahrungen, seine Gedankenwelt. Und alles, was er sagt, ist per Definition richtig. Denn es sind ja SEINE Gefühle.


Bestätigung


Selbst wenn er also so etwas sagt wie „in der und der Situation damals habe ich mich von dir echt im Stich gelassen gefühlt“… Dann kann es passieren, dass du dich ungerecht behandelt fühlst. Dass du am liebsten erwidern würdest „aber was war als du damals…?“


Dass du dich persönlich angegriffen fühlst und dich am liebsten verteidigen willst. Dass es dir weh tut, Angst macht oder dass es dich traurig macht. Aber in der Situation, in der dein Partner spricht, geht es nicht um dich! Es geht die Gedanken und Gefühle deines Partners und es ist in diesem Augenblick nicht deine Aufgabe, dich zu verteidigen oder deinen Standpunkt zu der Sachlage darzustellen. Sondern einen Raum zu öffnen und zu halten, in dem es deinem Partner leicht fällt, sich zu öffnen und sich mitzuteilen. Und je mehr Bestätigung du gibst, desto mehr Sicherheit und Vertrauen gibst du deinem Partner, sich wirklich öffnen zu können.


Hab also Geduld. Denn natürlich ist es legitim, ja sogar wünschenswert, dass du gleich in deinem Redeteil auf das eingehst, was dein Partner gesagt hat. Aber bis du gleich dran bist, ist es erstmal deine Aufgabe, weiter aufmerksam zuzuhören und zu bestätigen, was dein Partner sagt.


Wenn dein Partner also sagt: „ich habe mich im Stich gelassen gefühlt.“ Dann ist das eine korrekte Beschreibung seines Erlebens. Oder zumindest die korrekteste Beschreibung, zu der er in diesem Moment gerade in der Lage ist. Wenn dein Partner sagt: „hast mich betrogen und misshandelt.“ Dann hatte dein Partner das Gefühl, von dir betrogen und misshandelt worden zu sein. Und wenn dein Partner sagt: „Du bist echt voll das Arschloch.“ Dann ist das eine korrekte Beschreibung seines Empfindens.


Selbst dann, wenn alles in dir schreit „UNGERECHT!“ – ist es deine Aufgabe, die Gefühle und Empfindungen deines Partners aufzunehmen und zu bestätigen. Denn im Zwiegespräch gilt die Grundregel: Wer spricht, hat per Definition Recht. Denn es geht ja schließlich um Ihn und seine Perspektive auf die Beziehung, auf seine Gefühle, Gedanken und Erfahrungen.


Der Sprecher hat Recht


Mach dir klar, dass was auch immer dein Partner dir mitteilt, ein Geschenk ist. Jedes Wort, jede Information, jede Äußerung gibt dir die Gelegenheit, das emotionale Empfinden deines Partners besser verstehen zu können. Und eine neue Facette, einen neuen Persönlichkeitsanteil, eine neue Seite an ihm zu entdecken.


Und selbst wenn er gerade Schwierigkeiten hat, sich zu öffnen und dir einfach nur schweigend gegenüber sitzt, und es dich wahnsinnig macht, dass er einfach nichts sagt. Dann liefert dir das eine Information darüber, dass dein Partner gerade Schwierigkeiten hat, sein Innerstes mit dir zu teilen. Selbst das kann ein Feedback sein, dass dein Partner sich in diesem Moment gerade vielleicht nicht wohl genug fühlt, zu sprechen.


Und wenn du ein bisschen geduldig bist, wird dir dein Partner vielleicht auch mitteilen, ob er schweigt, weil er sich unter Druck gesetzt fühlt, weil er müde und erschöpft ist oder weil er das Gefühl hat, dass was auch immer er sagen könnte einfach nicht relevant für dich ist. Oder dass es einen ganz anderen Grund hat.


Die Vorteile von Zwiegesprächen


Zwiegespräche – zumindest in der Variante, wie ich sie dir gerade vorgestellt habe, sind aus meiner Sicht eine so brillante Technik, weil sie gleich eine ganze Reihe von Problemen lösen, die in vielen Beziehungen in „normalen“ Gesprächen auftreten. Das erste Problem habe ich gerade schon angedeutet, und das ist eine – ich nenn es mal reaktive Selbstbezogenheit in Konflikten.


Reaktive Selbst-Bezogenheit


In vielen Beziehungssituationen, in denen einer der beiden Partner Kritik oder Unzufriedenheiten äußert, kommt es schnell dazu, dass der andere den sofortigen Impuls hat, seine eigene Perspektive zu der Situation darzustellen. Insbesondere wenn die Kritik als Trigger aufgefasst wird, nehmen es viele Menschen gern persönlich und reagieren defensiv mit einer eigenen Gegendarstellung.


Wenn der Partner sich zum Beispiel darüber aufregt, dass der Müll nicht heruntergebracht wurde, liegt es für viele Menschen nahe, zu erklären, dass es auf der Arbeit stressig war, dass man mit wichtigeren Dingen beschäftigt war oder es einfach vergessen hat. Sprich: Sie reagieren damit, zu erklären und zu rechtfertigen, warum man den Müll nicht runtergebracht hat. Und viele glauben, an dieser Stelle, wenn das nur in einem freundlichen und wertschätzenden Tonfall passiert. Was viele an dieser Stelle leider unterschätzen ist: Leider invalidiert diese Reaktion unter Umständen die Gefühle des Partners.


Betrachte es mal aus seiner Perspektive: Denk mal eine Sache, die dir Frust bereitet. Und jetzt stell dir vor, du teilst es deinem Partner, deiner Partnerin mit. Wenn die erste Reaktion auf deine Frustration eine Gegendarstellung oder Erklärung ist, warum er oder sie nichts dagegen tun kann, mag das ja faktisch die Wahrheit sein. Du kannst diese Reaktion aber schnell aufnehmen als ein „mein Gefühl der Frustration ist nicht berechtigt." Unbewusst lernst du dann vielleicht: "Wenn ich meine Gefühle äußere, wird darauf nicht reagiert." Und es kann schnell der Eindruck entstehen: "Meine Frustration ist dem anderen nicht wichtig." Oder sogar: "Ich bin dem anderen nicht wichtig."


Wenn das einmal passiert, ist das sicher kein Problem. Wenn das aber eher der Regelfall ist, kann eine solche Reaktion dazu führen, dass die Frustration eben irgendwann gar nicht mehr geäußert wird – aus Angst einen Konflikt heraufzubeschwören, oder sogar die Beziehung als Ganzes zu gefährden. In der Folge werden Gespräche immer weniger emotional und immer weniger relevant.


Und immer mehr engt das Feld der Gesprächsthemen, über die man gefahrlos sprechen kann, ein auf Themen wie Terminplanung, Organisation wie so der Tag war und dass der Nachbar vorhin echt komisch geguckt hat. Und wenn sich dieses Muster über Jahre fortsetzt, ist es nicht verwunderlich, dass Beziehungen irgendwann langweilig werden, einschlafen und man im Grunde nur noch eine Zweckbeziehung führt, aus der Gewohnheit heraus, seinen Alltag miteinander zu verbringen.


Zwiegespräche dagegen führen dazu, dass beide Partner wieder die Sicherheit und das Vertrauen haben, über emotional relevante Themen zu sprechen. Weil der Gesprächsrahmen und die Regeln des Spiels es vorgeben, dass eine invalidierende und unterbrechende Reaktion des Partners eine weitere Öffnung verhindert.


Niemand greift dich an


Und nicht nur das. Durch die Spielregeln des Zwiegesprächs machen viele Menschen auch die Erfahrung, dass ein mutmaßlicher Angriff in vielen Fällen als solcher gar nicht gemeint ist. Hätte die Äußerung von Frust über den nicht heruntergebrachten Müll im Zwiegespräch stattgefunden, wäre wohlmöglich klar geworden, dass der Müll für den Partner nur deswegen frustrierend ist, weil er selbst überfordert ist von seinem Arbeitsalltag, von den schreienden Kindern in der Bahn, von der Freundin, die ihm den ganzen Tag wegen Liebeskummer die Ohren vollgeheult hat oder wegen der Nachricht über einen Freund, der im Sterben liegt.


Zwiegespräche können zu der Einsicht führen, dass Äußerungen des Partners, die oft im ersten Moment nach Angriff klingen, lediglich ein verzweifelter Versuch sind, sich gehört und gesehen zu fühlen und als eine Bitte, Raum für Gefühle zu bekommen, mit dem er selbst überfordert ist.


Entlastung von selbst erzeugtem Druck


Aber Zwiegespräche haben noch weitere Vorteile. Denn über emotionale Themen zu sprechen fällt vielen Menschen auch deswegen nicht leicht, weil sie unbewusst die Erwartung an sich selbst haben, sie müssten ihre Gedanken und Gefühle sofort auf den Punkt gebracht, in die richtigen, verständlichen Worte bringen.


Und das macht ja irgendwie auch Sinn. Ich meine, wie viel Zeit hast du in normalen Gesprächen so an ununterbrochener Redezeit? 20 Sekunden? 30? Wenn es hochkommt vielleicht mal eine Minute? Und in diesen Wimpernschlag der Aufmerksamkeit deines Partners sollst du die gesamte Komplexität deiner Gefühle und deines Erlebens zusammenfassen? Und das auch noch verständlich? Na klar!


Die Gelegenheit zu haben, ununterbrochen sprechen zu dürfen, kann dagegen dazu führen, dass man einen Sachverhalt im Sprechen selbst überhaupt erst versteht und sortieren kann. Ein Kollege von mir meine einmal zu mir: „Woher soll ich wissen was ich denke, bevor ich höre was ich sage?“


Und auch wenn das als Scherz gemeint war, steckt dort viel Wahrheit drin: Der Prozess des Sprechens kann eine sehr sortierende, sehr klärende und sehr ausrichtende Wirkung auf den Geist haben. Das setzt jedoch voraus, dass man in diesem Prozess nicht durch einen Gedanken oder Impuls von einem anderen Menschen unterbrochen oder abgelenkt wird.


Wenn es Menschen hingegen die regelmäßige Erfahrung von Menschen ist, dass sie es in dieser vielleicht einen Minute in alltäglichen Gesprächen nicht schaffen, ihre manchmal ja sehr komplexen Gedanken und Gefühle in verständliche Worte zu kleiden, dann ist das für viele Menschen sehr frustrierend.


Auch hier ist das sicher nicht schlimm, wenn das MAL passiert. Wenn es jedoch eher die Regel als die Ausnahme ist, kann das schnell zu einer Resignation führen. Wenn man regelmäßig in seinem Gedankenprozess unterbrochen wird, und der Gesprächspartner die eigene Aufmerksamkeit auf einen Aspekt verschiebt, auf den man eigentlich gar nicht hinaus wollte – und das bevor man seinen Gedanken zumindest in einer Klarheit präsentieren konnte, mit der man selbst zufrieden ist… Dann kann schnell der Glaubenssatz geprägt werden: „Am Ende werde ich ja eh nicht verstanden.“. Weil das war in der Vergangenheit ja tatsächlich meistens so. Und das wird sicher schon bald jedes weitere Bemühen, sich dem Partner oder der Partnerin noch verständlich zu machen, bereits im Keim ersticken.


Ausgleich von Unterschiedlichkeit


Dieses Phänomen ist vor allem dann besonders ausgeprägt, wenn einerseits die Extraversion, also das allgemeine Redebedürfnis der beiden Partner sehr unterschiedlich ist, andererseits wenn die rhetorischen Fähigkeiten beider Partner, ihr emotionales Erleben in Worte zu fassen sehr unterschiedlich stark ausgeprägt sind.


Klischeehaft gesprochen haben tendenziell ja Frauen oft ein größeres Bedürfnis zu reden und haben oft auch mehr Erfahrung darin, über emotionale Themen zu sprechen als Männer. Wenn eine solche Frau dann mit einem solchen Mann in einer Beziehung ist, der vielleicht generell eher schweigsam und introvertiert ist, und zusätzlich noch dazu erzogen wurde, eher über Sachthemen und Fakten zu sprechen, ergibt sich leicht die folgende Dynamik:


Sie versucht mit vielen Worten ein aktuelles Gefühl auszudrücken und er reagiert mit einer sachlichen, kurzen und neutralen Darstellung dessen, was er verstanden hat. Sie fühlt sich nicht gesehen und versucht mit noch mehr Worten ihre Gefühle zum Ausdruck zu bringen und er fühlt sich ebenso missverstanden. Irgendwann gerät sie ins vermeintliche Plappern und redet ohne Punkt und Komma und alles was von ihm kommt ist ein teilnahmsloses Brummen. Und irgendwann redet nur noch sie. Beide fühlen sich unverstanden, ungeliebt und allein gelassen mit ihren Gefühlen.


Zwiegespräche durchbrechen diesen Teufelskreis und gleichen dieses Ungleichgewicht der Fähigkeiten und die Unterschiedlichkeit der Charaktere aus, weil sie durch die zeitliche Vereinbarung den Redeanteil gewissermaßen nach oben und nach unten hin begrenzen.


Durch den zeitlich definierten Redeslot für beide Partner wird jemand, der normalerweise eher wenig über seine Gefühle redet, eher dazu eingeladen, seine Gefühle und Gedanken zu sortieren, auszusprechen und in verständliche Worte zu kleiden. Für ihn mag die Zeitvorgabe anfangs möglicherweise unnatürlich lang wirken. Und Gesprächspausen könnten für ihn zunächst selbst ziemlich quälend wirken.


In ihm könnte der Wunsch auftauchen: „ich weiß nicht mehr weiter, sag du doch bitte auch mal was.“ Doch diesem Impuls zu wiederstehen und die vorgegebene Redezeit durchzuhalten, kann ihm die Erfahrung vermitteln, dass er schlussendlich doch verstanden wird, wenn er sich öffnet. Und was fast noch wichtiger ist: Dass er sich selbst dadurch noch besser versteht.


Für jemanden dagegen, der normalerweise in der Beziehung eher die Rolle einnimmt, sehr viel mehr zu reden als der Partner, kann die zeitliche Vorgabe eine hilfreiche Limitierung darstellen. Im kann es anfangs vielleicht schwer fallen, sich auf eine Redezeit von „nur“ 5 oder 10 Minuten beschränken zu müssen. Am Ende kann es ihn allerdings auch eine ungemein fokussierende Wirkung haben.


Für Menschen, die die Angewohnheit haben, das ganze Dorf erklären zu müssen nur um eine Straße zu beschreiben, können Zwiegespräche dabei helfen zu trainieren, Informationen zu verdichten, sich auf relevante Aspekte einer Sache zu konzentrieren und auf den Punkt zu kommen. Und auch das kann jenen Menschen sehr dabei helfen, verstanden zu werden und natürlich auch sich selbst zu verstehen.


Zwiegespräche verhindern, dass sich Menschen mit einer Tendenz zu überborden detaillierten Darstellungen ihrer Gefühls- und Gedankenwelt verlieren im Chaos der von Gefühlsstrudeln und nicht enden wollenden Gedankenkreisen, aus denen sie selbst kaum noch herausfinden.


Konflikt-Management


Und zu guter Letzt sind Zwiegespräche ein großartiges Konfliktmanagement-Tool. Ich meine stell dir einfach mal vor, ihr hättet beispielsweise wöchentliche Zwiegespräche etabliert. Und deinem Partner rutscht ein Kommentar raus: „Jetzt werd nicht wie deine Mutter!“ und es juckt dir in den Fingern zu antworten „Ich werd hier gleich wie DEINE Mutter!“ aber stattdessen forderst du ein kurzes Zwiegespräch ein und ihr gebt einander den Raum, was gerade mit euren Gefühlen los ist… Meinst du nicht, das dies für einen sehr viel friedlicheren Umgang miteinander, mehr Verbindung und mehr Wertschätzung füreinander führen würde?


Im Übrigen empfehle ich Zwiegespräche nicht nur in partnerschaftlichen Beziehungen. Ich führe beispielsweise auch mit meinem Mitbewohner regelmäßige Zwiegespräche. Vielleicht nicht wöchentlich, aber immer mal wieder. Ich kenne auch ein paar Menschen, die Zwiegespräche mit ihren Kindern führen. Und die seitdem eine viel bessere Verbindung zu ihnen haben.


Ja selbst die jährlichen Mitarbeiter-Gespräche als Zwiegespräch zu führen, kann dazu führen, dass es nicht nur eine lästige Pflicht für alle ist, sondern ein Gespräch, bei dem beide Parteien wirklich etwas übereinander erfahren können. In einer Partnerschaft finde ich sie allerdings so wichtig, dass ich persönlich es fast schon als fahrlässig empfinden würde, diese nicht zu führen.


Zwiegespräche = Heilung und Prävention


Zwiegespräche können in vielerlei Hinsicht heilsam für eine Beziehung sein oder können von vornherein dafür sorgen, dass bestimmte, weniger hilfreiche Beziehungsmuster überhaupt nicht erst entstehen. Und obwohl der zeitliche Aufwand geradezu lächerlich gering ist – ich meine eine halbe Stunde Zwiegespräch bekommt man selbst im stressigsten Alltag und in den heftigsten Lebenslagen irgendwie und irgendwo unter… Kenne ich super wenige Paare, die dieses Ritual wirklich als gelebte Praxis regelmäßig in ihren Beziehungsalltag integriert haben.


Ich erzähle vielen Paaren von dieser Technik und die meisten finden den Gedanken durchaus spannend. Manche probieren es vielleicht auch ein oder zweimal aus, aber nach ein paar Wochen kehren sie dann doch wieder zurück zu ihrem gewohnten Alltagstrott.

Du ahnst aber vielleicht schon: Von ein oder zweimal Zwiegespräch wird sich die Beziehung wahrscheinlich nicht gleich essenziell und nachhaltig zum Positiven verändern.


So richtig knallen Zwiegespräche erst, wenn ihr sie regelmäßig, als routiniertes Ritual in eure Beziehung einbaut. Erst wenn ihr es euch beispielsweise wöchentlich angewöhnt, Zwiegespräche zu führen, kommen die langfristigen positiven Effekte dieser Technik so richtig zum Tragen.


Wie du Zwiegespräche ritualisierst


Aber wie etabliert man denn eigentlich ein solches Ritual? Naja, erstmal kannst du, wenn dich der Gedanke an Zwiegespräche reizt, deinem Partner oder deiner Partnerin diesen Podcast empfehlen und ihn bitten, ihn anzuhören.


Und vielleicht ist gleich die erste Erfahrung, die ihr damit macht, bereits so positiv für euch, dass ihr beschließt, euch einen regelmäßigen Termin in euren gemeinsamen Kalender dafür zu setzen – falls ihr so etwas habt. Aber offen gestanden glaube ich nicht, dass das Anhören einer Podcast-Folge wirklich verlässlich zu einem stabilen Ritual in der Beziehung führt.


Deswegen habe ich entschieden, den Zwiegesprächen ein ganzes Seminarwochenende zu widmen. Am 18. Und 19. Oktober gebe ich in Berlin ein Seminar-Wochenende für Paare, in der ich euch Schritt für Schritt an das Thema Zwiegespräche heranführen und euch eine erste, garantiert positive Erfahrungen mit dieser Technik vermitteln möchte.


Egal also ob ihr frisch verliebt und gerade ein paar Monate zusammen seid oder ob ihr schon seit 20 Jahren euer Leben teilt – ich bin davon überzeugt, dass das Zwiegespräch als ein festes Ritual in eurer Beziehung zu etablieren die Intimität und Verbindung in eurer Beziehung erheblich und nachhaltig steigert – und dass sie wie kaum etwas anderes genau das bewirkt, was ich in diesem Podcast am Anfang jeder Folge verspreche – nämlich dass sie die Lebensqualität und das Glück, das ihr aus eurer Beziehung zieht, fühlbar verbessern.


Natürlich wird es in diesem Seminar auch um andere Themen gehen. Ich werde euch Übungen zeigen, mit denen ihr Gemeinsamkeiten und Stärken eurer Beziehung wieder zurück in euer Bewusstsein holt. Wir werden uns mit Storytelling beschäftigen und welchen Einfluss die Geschichte eurer Beziehung – und wie ihr ihr sie erzählt – auf euer Glücksempfinden und eure Verbindung hat.


Und natürlich gibt es auch reichlich Gelegenheit für den Austausch mit anderen Paaren geben, die genau wie ihr, ein Interesse an noch besserer Kommunikation und einer noch bewussteren Gestaltung ihrer Beziehung haben. Denn ich würde mir nichts mehr wünschen, als dass ihr nicht nur von mir Inspirationen bekommt, wie ihr eine noch bessere Beziehung führt, sondern wenn ihr euch als Paare untereinander inspiriert, wie ihr Themen des Alltags in einer Beziehung noch besser meistern könnt.


Ich bin mir bewusst darüber, dass eine Beziehung manchmal auch gerade deswegen funktioniert, weil es sich das Paar zur Gewohnheit gemacht hat, über bestimmte emotionale Themen gerade nicht zu sprechen. Ich glaube jedoch kaum, dass ein Paar, das eine solche Beziehung lebt, Zwiegespräche als reizvollen Impuls für ihre Beziehung empfinden wird.


Viel eher gehe ich davon aus, dass Paare, die die Entscheidung treffen, zu diesem Seminar zu kommen, bereits ein gewisses Grundverständnis von guter Kommunikation in ihrer Beziehung besitzen und zumindest grundsätzlich das Gefühl haben, zumindest eine einigermaßen glückliche Beziehung zu führen.


Dieses Seminar ist demnach keinesfalls ein verzweifelter Rettungsversuch, eine kaputte Beziehung wieder zu flicken, sondern viel mehr eine spannende Gelegenheit, eine bereits gute Beziehung noch zu verbessern und ein wunderbares, inspirierendes und lehrreiches Wochenende gemeinsam als Paar zu verbringen.


Am Ende geht es mir aber vor allem darum, euch in diesem Seminar auf euren ersten Schritten zu regelmäßigen Zwiegesprächen zu begleiten. Und wenn alles so läuft wie ich mir das vorstelle, wird es euch am Ende des Seminar-Wochenendes geradezu unnatürlich vorkommen, keine Zwiegespräche miteinander zu führen. Deswegen werde ich euch verschiedene Variationen von Zwiegesprächen vorstellen und diese auch in anderen Übungen immer wieder direkt oder indirekt mit einfließen lassen.


Wenn ich dich jetzt neugierig machen konnte und du mit dem Gedanken spielst, vielleicht auch mit deinem Partner oder deiner Partnerin daran teilzunehmen, findest du weitere Infos und einen Link zu den Tickets in den Shownotes.


Und auch falls du nicht so der Typ bist für Seminare, oder vielleicht auch nicht oder noch nicht in der richtigen Beziehung dafür bist, vielleicht kennst du ja jemanden, für den dieser Podcast ein bereichernder Impuls sein könnte. Dann leite ihm diese Folge sehr gern weiter. Ich freu mich schon auf nächste Podcast-Folge.


Dis dahin sage ich erstmal: Tschüss.

 
 
 

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