Welchen Einfluss es auf dein Leben hat, sich vor Unglück in Beziehungen zu fürchten.
Wer immer sich mit der Frage beschäftigt, wie denn eine „gute Beziehung“ funktioniert wird schnell konfrontiert mit einer Flut von mehr oder weniger hilfreichen Tipps und Tricks, was man tun oder lassen sollte, um eine gute Beziehung zu führen: „Folge deinem Herzen und vertraue auf dein Bauchgefühl“ mögen die einen sagen. „Investiere in deine persönliche Entwicklung, lerne deine Grenzen und Bedürfnisse zu kommunizieren und dich abzugrenzen“ heißt es aus einer anderen Ecke. „Entscheide dich für deinen Partner, übernimm Verantwortung für ihn und mach seine Ziele zu deinen eigenen“ könnte jemand anderes behaupten. Alles hilfreiche Tipps und Tricks. Doch wie immer steckt der Teufel im Detail. Denn all diese Formulierungen sind oft so abstrakt formuliert, dass sie ganz konkret in die Tat umzusetzen alles andere als leicht ist.
Die Selbsterfüllende Prophezeiung
Doch wenn es nicht so leicht ist, genau zu definieren, wie man eine gute Beziehung führt, liegt der Gedanke doch nahe, den Spieß einmal umzudrehen und zu fragen: Wie führt man denn eine unglückliche Beziehung? Interessanterweise fällt es vielen von uns viel leichter, diese Frage zu beantworten. Doch ehrlich gesagt sperrt sich vieles in mir, das hier in aller Ausführlichkeit auszubreiten – aus Gründen der eigenen #Gedankenhygiene. Denn aus dem NLP weiß ich: Energie folgt der Aufmerksamkeit. Worüber du nachdenkst, darauf achtest du, und worauf du achtest, darüber denkst du noch mehr nach. Und ganz plötzlich siehst du überall Schreckgespenster.
Vielleicht kennst du das Sprichwort aus dem jüdischen Talmud: „Achte auf Deine Gedanken, denn sie werden Worte. Achte auf Deine Worte, denn sie werden Handlungen. Achte auf Deine Handlungen, denn sie werden Gewohnheiten. Achte auf Deine Gewohnheiten, denn sie werden Dein Charakter. Achte auf Deinen Charakter, denn er wird Dein Schicksal.“
Du glaubst es immer noch nicht? Nun, wusstest du eigentlich, dass Wissenschaftler herausgefunden haben, das Aussprechen eines „e“-Lautes neurophysiologisch unser Aggressions-Zentrum im Gehirn aktiviert? Es gibt auch Studien, die belegen, dass Gefängnis-Insassen bis zu 20% mehr „e“'s in ihren Worten verwenden als die Normalbevölkerung. Das heißt, man könnte durchaus sagen, dass „e“ so etwas wie ein böser Buchstabe ist, und dass es gut wäre, ihn zu vermeiden, wenn man nicht all zu aggressiv herüber kommen sollte. Mit diesem Wissen im Gedächtnis, achte doch im nächsten Textabsatz einmal darauf, wie oft ich ein „e“ in meinen Worten verwende. Du wirst feststellen, dass ich nicht wesentlich mehr oder weniger „e“‘s in meinem Text verwende als ich es vorher getan habe. Doch in dem Moment, in dem ich es gesagt habe, fällt es dir plötzlich auf. Es gelangt in deinen Focus und plötzlich denkst du darüber nach, was es wohl zu bedeuten hat, dass ich so viele „e“‘s verwende. Mal angenommen, du würdest die Geschichte mit dem Aggressions-Zentrum und den Gefängnis-Insassen glauben. Die ist zwar völlig frei erfunden, aber lass uns mal für einen Moment so tun, als würdest sie glauben. Und dann liest du eine Whats App Nachricht von deinem besten Freund und plötzlich fallen dir all die „e“‘s auf. Könnte es dann nicht eventuell sein, dass plötzlich dir auffällt, dass er in letzter Zeit ziemlich aggressiv geworden ist?
Das Beispiel ist natürlich absurd übertrieben. Aber es soll dir eine Erfahrung vermitteln, wie leicht es ist, unsere Aufmerksamkeit zu lenken, indem wir etwas benennen, behaupten, es sei böse oder gefährlich und das ganze mit einer schönen Geschichte zu untermalen.
Vorannahmen in Beziehungen
Aber lass uns diesen Ansatz einmal auf das Gedankenspiel anwenden, was wohl passieren würde, wenn wir uns Gedanken darüber machten, was alles denn wohl eine schlechte Beziehung ausmacht. Was würde mit unserer Wahrnehmung passieren, wenn wir einen großen Teil unserer Energie und Aufmerksamkeit darauf richten würden, woran man denn eigentlich erkennt, dass man (unbewusst!) eine schlechte Beziehung führt: Nun, vermutlich dasselbe wie mit den „e“‘s: Was auch immer du an Merkmalen und Kriterien findest für eine schlechte Beziehung – Streit, schlechte Gefühle, Toxizität, mangelnde persönliche Entwicklung, fehlende Empathie, vielleicht sogar narzisstische Züge – früher oder später wirst du zuerst Hinweise, und dann sogar mutmaßliche Beweise finden, dass dich dieser Kram auch in deinen Beziehungen plagt.
Plötzlich ist das hilfsbereite Angebot deines Nachbarn, dir bei der Einrichtung deiner Wohnung zu helfen, nur ein Symptom seiner narzisstischen Selbstgefälligkeit. Und der Umstand, dass dein Partner neuerdings ins Fitnessstudio geht, ist ein Zeichen dafür, dass er seine eigenen Interessen wichtiger nimmt als eure Beziehung.
Natürlich kann das alles tatsächlich so sein. Oder vielleicht ganz anders. Vielleicht will dein Nachbar dir helfen, weil er dich für einen wirklich interessanten Menschen hält und dich besser kennenlernen will. Und vielleicht geht dein Partner ins Fitnessstudio, weil er seinen Körper in Form bringen will um dir zu gefallen.
Die Wahrheit ist: Du kannst in die Köpfe von anderen Menschen nun mal leider nicht hereinsehen. Die Wahrheit ist: Im Grunde weißt du nie so ganz genau, was andere Menschen mit ihren Worten und ihren Taten wirklich beabsichtigen.
Wenn du jedoch deine Gedanken auf schlechte, ungesunde oder sogar toxische Beziehungsmuster lenkst, wird die Wahrscheinlichkeit erheblich steigen, dass du diese Muster auch in deinen Beziehungen unterstellst.
Und welchen Effekt hat das auf die Beziehung? Nun, drehen wir den Spieß mal um: Wie würdest du reagieren, wenn jemand dir unterstellt, du wolltest ihm etwas Böses? Richtig. Du würdest vermutlich in den Widerstand gehen. Und dreimal darfst du raten, wie dein Beziehungspartner diesen Widerstand wahrscheinlich deuten wird: Richtig. Als Bestätigung seiner Unterstellung, du wolltest ihm etwas Böses. Aus dieser Nummer kommt ihr dann beide kaum noch heraus.
Und nun?
Will ich damit sagen, dass es so etwas wie toxische Beziehungen nicht gibt? Sicher nicht. Denn ich bin mir voll im Klaren darüber, dass es Beziehungen gibt, in denen Beziehungsdynamik für beide Partner Kräfte freisetzen kann, die Menschen buchstäblich zerstören kann. Daher will ich dir eine andere Perspektive anbieten – ein Re-Framing, wie man es im NLP bezeichnet.
Ich glaube, wir Menschen sind nicht entweder so oder so. Wir sind nicht gut oder böse, gesund oder krank, toxisch oder heilig. Wie wir Menschen sind, ist immer ein Spektrum verschiedenster Seiten von uns, die nur darauf warten, aktiviert zu werden. Und welche Seite von uns aktiv ist, hängt wesentlich davon ab, was andere Menschen in uns sehen: Unterstellt man uns eine böse Absicht, sinkt bei den meisten Menschen die Motivation, dem Untersteller tatsächlich etwas Gutes zu wollen. Unterstellt man uns Positives, sind wir meist viel eher gewillt, diese Unterstellung in Wort und Tat zu bestätigen. Ich meine, wenn ich dir sage, dass du bestimmt ein neugieriger, interessierter Leser bist, wirst du doch wohl kaum etwas dagegen haben, oder? Der Weg aus dem „toxischen“ Spiel geht also meiner Meinung nach nicht vorbei an einem positiven, einem optimistischen Menschenbild.
Optimismus
Mit Optimismus meine ich dabei nicht, dass man davon ausgeht, dass der Beziehungspartner sich schon irgendwann so benehmen wird, wie man es sich wünscht. Sondern, dass man davon ausgeht, dass der Mensch, mit dem man eine Beziehung führt, sich bereits jetzt optimal benimmt. Dass er bereits gut ist wie er ist. Und nicht nur gut, sondern dass dieser Mensch mit all seinen Fehlern, Schwächen und Macken genau perfekt ist wie er ist. Und dass jeder Versuch, ihn zu verbessern sowohl ihm als auch dir als auch eurere Beziehung schaden würde.
Ich mag sehr die Definition von „Optimismus“ von Gottfried Wilhelm Leipniz, einem deutschen Philosophen aus dem 16. Jahrhundert: Er war ein tief gläubiger Mann und hat sinngemäß festgestellt: Wenn Gott, dem man nachsagt, er sei allmächtig und vollkommen, die Welt erschaffen hat… Wie kann er eine Welt erschaffen, die weniger ist als vollkommen? Er schloss daraus, dass die Welt, in der wir leben, die beste aller möglichen sein musste, und dass a) jeder menschliche Versuch, die Welt zu verbessern, sie nur verschlechtern könne und dass b) der Eindruck von Menschen, die Welt sei weniger als perfekt ein Fehler des Eindrucks sei und nicht der Welt.
Egal ob du nun an einen biblischen Gott glaubst, oder nicht. Das Konzept funktioniert auch einem abstrakteren Bild einer höheren Macht - dem #Universum, dem einen Ganzen, dem Chi, dem Dao oder der #Liebe. Und sofern du nicht daran glaubst, dass die bloße Existenz unserer unendlich komplizierten und komplexen Welt reiner Zufall ist, liegt der Gedanke nahe, dass wer oder was auch immer all das hier einmal geschaffen hat, nicht ganz auf den Kopf gefallen sein kann. Nichts auf dieser Welt, nicht einmal die "schlimmsten" Menschen dieser Erde - nicht einmal Hitler, Stalin oder Putin - sind per se gut oder schlecht. Wann immer wir Schlechtes in der Welt sehen, ist es viel häufiger unsere eigene #Projektion, unter der wir leiden. Oder um es in den Worten der Lern- und Gedächtnistrainerin Vera F. Birkenbihl zu sagen: „Wenn die Welt wieder einmal beschissen aussieht, dann ist die Scheiße meistens im Filter und nicht in der Welt!“
Ich gebe zu, dieser optimistische Blick auf Menschen angewendet ist vermutlich genauso wenig „die Wahrheit“ wie der Blick, Menschen seien Monster und potentielle Gefahren, die toxische #Beziehungsspiele spielen. Dieser Blick sorgt meiner Meinung nach allerdings dafür, dass die Wahrscheinlichkeit steigt, dass du positive Beziehungen führst. Also Beziehungen, in denen man sich gegenseitig stärkt statt sich abzuwerten. Beziehungen die Wachstum fördern statt Schmerz und Leid verursachen. Und Beziehungen, die sich zumindest überwiegend gut und richtig anfühlen. Und ja, diesen Blick habe ich persönlich auch auf Menschen, die dir erzählen wollen, wie man eine toxische Beziehung erkennt, mit der überaus würdigenswerten Absicht, sie zu vermeiden.
Woher diese Angst vor toxischen Beziehungen kommt - dazu habe ich auch eine These. Aber das ist vielleicht Thema für einen anderen Text.
Nun aber zu deiner Meinung: Welchen Blick hast du auf dieses Thema? Hinterlass mir doch gerne einen Kommentar.
Alles Liebe
Daniel
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